ver.di-Online-Handlungshilfe
zur Gefährdungsbeurteilung

Na klar!
Vertrauensleute sorgen für gute, gesunde Arbeit!

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Dialog für Gewerkschaft im Betrieb

„Vertrauensleute haben den engen und direkten Kontakt zur Belegschaft.“ So sagt es das ver.di-Vertrauensleute-Handbuch, so ist es tagtägliche Praxis in Betrieben und Dienststellen. Und genau deshalb haben Vertrauensleute (VL) eine Schlüsselstellung für die Gewerkschaft und damit für die Beschäftigten und ihre Arbeitsbedingungen. Ohne die enge Verzahnung mit den arbeitenden Menschen funktioniert gewerkschaftliche Interessenvertretung nicht. Und ohne Information über gewerkschaftliche Ziele und Forderungen an die Mitglieder und Noch-Nicht-Mitglieder lassen sich eben jene Ziele und Forderungen nicht durch- und umsetzen.

Dieser Dialog, diese wechselseitige Kommunikation macht das Herzstück der Vertrauensleute-Arbeit
aus.
Diese permanente Praxisnähe macht Gewerkschaften handlungsfähig.

Kommunikation hat die Grundbedeutung „etwas gemeinsam machen“. Gemeinsam aktiv sind die VL nicht nur mit den Beschäftigten, sondern auch mit deren gesetzlichen Interessenvertretungen, den Betriebs- und Personalräten. Die Rollen der beiden Akteure sind dabei unterschiedlich verteilt: Wo den einen gesetzliche Mitbestimmungsrechte zustehen, die zugleich den Aktionsradius einschränken, haben die anderen eine vom Grundgesetz geschützte Aufgabe, weniger konkret als die Mitbestimmung, aber auch freier. Und noch direkter im betrieblichen Geschehen. Agieren Vertrauensleute und BR bzw. PR gemeinsam, so lassen sich die Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen wesentlich verbessern.

Gute Arbeitsbedingungen sind gesunde Arbeitsbedingungen

„Die größte aller Torheiten ist, seine
Gesundheit aufzuopfern, für was es auch sei.“
Arthur Schopenhauer

Mehr als eine ‚Torheit‘, sondern ein Gesetzesbruch gegen Grundgesetz, Arbeitsschutzgesetz u. a. ist es, wenn Arbeit krank macht. Genau dagegen richtet sich der Arbeits- und Gesundheitsschutz: Die Arbeit soll so gestaltet sein, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen oder gar Schäden erst gar nicht entstehen können. Arbeits- und Gesundheitsschutz ist damit das zentrale Instrument für die Gestaltung guter gesunder Arbeit. Und dies nicht erst, seit Arbeitsverdichtung und „Flexibilisierung“ den „Stress“-Pegel in Betrieben und Dienststellen über das menschenverträgliche Maß hinaus getrieben haben.

Welche Rolle, welche Möglichkeiten haben die Vertrauensleute im betrieblichen Arbeits- und
Gesundheitsschutz?
In der Arbeitsschutzgesetzgebung finden VL keine direkte Erwähnung. Allerdings ist das Zusammenwirken mit Gewerkschaften in der Mitbestimmung festgeschrieben. Und gerade der Arbeits- und Gesundheitsschutz gehört zu den zentralen Mitbestimmungsrechten, aber auch Mitgestaltungs- und Überwachungspflichten von Betriebs- und Personalräten. Die VL gehören als Vertreterinnen und Vertreter der Gewerkschaft ergo zu den Arbeitsschutz-Akteuren.

Arbeits- und Gesundheitsschutz bezieht sich immer auf die konkrete Arbeitsgestaltung, so setzen alle Arbeitsschutz-Maßnahmen bei den Tätigkeiten der Beschäftigten an (vgl. Arbeitsschutzgesetz, § 5). Vertrauensleute als diejenigen, die in engem Kontakt mit den KollegInnen und Kollegen stehen, kennen die Arbeitstätigkeiten und damit einhergehende gesundheitliche Gefahren sehr genau. In ganz besonderem Maße sind sie deshalb geeignete betriebliche Auskunftspersonen. „Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrates erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen […].“ So legt es das Betriebsverfassungsgesetz fest (§ 80, Abs. 2); ein Recht auf Hinzuziehung von betrieblichen Auskunftspersonen gilt vergleichbar auch in den Personalvertretungsrechten.

Würde man die Wichtigkeit der Vertrauensleute für den Arbeits- und Gesundheitsschutz allein auf ihre Sachkunde als Auskunftspersonen beschränken, so würde man die besondere Stärke der VL übersehen: Die der wechselseitigen Kommunikation. Und genau die braucht es für die Durchsetzung und Umsetzung eines funktionierenden Arbeits- und Gesundheitsschutzes.

Zwischen betrieblichem Arbeitsalltag und gesetzlichen Anforderungen klaffen bedauerlicherweise große Lücken. So ist die gesetzlich verpflichtende Gefährdungsbeurteilung (Arbeitsschutzgesetz, § 5) keineswegs in allen Betrieben und Dienststellen durchgeführt – erst recht nicht, wenn sie wie vorgeschrieben auch psychisch wirkende Belastungen wie z. B. Arbeitshetze und mangelnde Qualifizierung erfasst. Zum Teil liegt das daran, dass sich Arbeitsschutz-Akteure damit schwer tun, weil es derzeit noch keine Standards für Arbeitsschutz-Maßnahmen gegen psychische Fehlbeanspruchungen gibt. Weil hier das Beste ist, die Beschäftigten zu beteiligen und so zu einer Verbesserung der Arbeitsgestaltung aus der Arbeitspraxis heraus zu gelangen.

In vielen Fällen müssen wichtige Teile des Arbeits- und Gesundheitsschutzes jedoch erst einmal durchgesetzt werden, gegen den Arbeitgeber, aber auch gegen Missverständnisse in der Belegschaft.

Arbeitgeber sehen die Ursachen beispielsweise für Burn out und Überforderung häufig im persönlichprivaten Bereich der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und nicht in der Arbeitsgestaltung. Oder sie beklagen, es sei kein Geld für Arbeitsschutzmaßnahmen vorhanden. Den Beschäftigten wiederum ist oft nicht ausreichend bewusst, wie folgenreich die Bedingungen ihres Arbeitens für ihre (bleibende) Gesundheit sind.

Wer denkt schon daran, dass das jetzige Heben ohne Hebeeinrichtung (eben erst) in 20 Jahren zum Bandscheibenvorfall führt. Oder dass selbst der „Stress“, der einem/einer (angeblich) nichts ausmacht, schwerste Krankheiten wie Herzinfarkt mitverursachen kann.

Es braucht also eine Sensibilisierung für die hohe Wichtigkeit des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sowie entsprechende Einweisungen in Arbeitsgeräte und Arbeitsplatz – dies soll im Rahmen der Unterweisung erfolgen (Arbeitsschutzgesetz, § 12). Und muss sich in der Arbeitsgestaltung wiederfinden: In Arbeitsabläufen und Zeitvorgaben, die es zeitlich zulassen, Hebe-Einrichtungen zu nutzen. Oder in bezahlten Kurzpausen, die der Bewegung dienen. Oder in abwechslungsreich gestalteter Arbeit. Was geeignete Arbeitsschutz-Maßnahmen sind, ergibt sich stets bezogen auf die konkreten Arbeitstätigkeiten.

Vertrauensleute sind durch ihre direkte Nähe zur Belegschaft wichtige Akteure für die Durchsetzung
des gesetzlich vorgeschriebenen Arbeits- und Gesundheitsschutzes und für das Verständnis, warum
er für die Beschäftigten unentbehrlich ist. Die Präsenz der VL bei der Umsetzung von Verbesserungen
in der Arbeitsgestaltung gibt zusätzlichen Rückhalt: Für die Beteiligten und für das Gelingen.

Vertrauensleute beraten und informieren also nicht allein über das gewerkschaftliche Ziel guter, gesunder Arbeit, sie sammeln auch Informationen über das Arbeitserleben der Kolleginnen und Kollegen, deren Erfahrungen ebenso wie ihre Ideen. Durch diese Beteiligung der Beschäftigten wird die Arbeitsgestaltung im jeweils konkreten Betrieb sichtbar: Mit ihren Problemen und Chancen. So entwickeln sich praktizierbare Verbesserungen. So werden Forderungsinhalte für Tarifverhandlungen deutlich. Und so machen Vertrauensleute Gewerkschaft lebendig und nachvollziehbar genau da, wo sie ihre zentrale Basis hat: In Betrieb und Dienststelle.

Arbeitsgestaltung sichtbar machen mit Beteiligung der Kolleginnen und Kollegen?! Dafür hat ver.di das Instrument der Wandzeitungen zur Guten Arbeit, auch für den Einsatz durch Vertrauensleute!
Bestellmöglichkeit und Praxis-Tipps zur Anwendung gibt es hier.

Ein Praxisbeispiel aus der ver.di-Vertrauensleute-Arbeit?! Zu finden im Archiv der Guten Arbeit: „Vertrauensleute machen Gute Arbeit“ (02.07.2010)

Autorin: Anna Wirth