7. Prozess-Schritt: Bildung einer paritätischen Steuerungsgruppe
Die Verantwortung für den Arbeitsschutz liegt eindeutig beim Arbeitgeber, sie lässt sich nicht „wegdelegieren“. Dies gilt auch dann, wenn die Fachkraft für Arbeitssicherheit und/oder Betriebsarzt/-ärztin externe Dienstleister sind. Der Arbeitgeber kann einzelne Aufgaben jedoch an dafür geeignete ("befähigte") Personen übertragen (vgl. Arbeitsschutzgesetz, § 7). Dabei ist zu berücksichtigen:
- Ob diese Person(en) ausreichend qualifiziert für die übertragene Aufgabe ist/sind
- Ob (wo nötig) ausreichende Kompetenz (z. B. Weisungsbefugnis) erteilt worden ist
- Ob ausreichend Arbeitszeit und ggf. weitere Ressourcen für die Erledigung der übertragenen Aufgaben gegeben wird
Auf dieser Grundlage kann auch eine Steuerungsgruppe für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung gebildet werden. In der Praxis hat es sich die Bildung einer paritätischen Steuerungsgruppe bewährt, ihre Hauptaufgaben für den Prozess der Gefährdungsbeurteilung sind:
- Den Prozess der Gefährdungsbeurteilung kontinuierlich begleiten
- Die Beteiligung und Berücksichtigung aller Bereiche und Tätigkeiten gewährleisten
- Auf die Einhaltung von Absprachen und Festlegungen achten
- Fortschritte und Zwischenergebnisse kontrollieren
- Bei Problemen oder Verzögerungen im Prozess auf Abhilfe hinwirken
Unterschiedliche Betriebe handhaben das sehr verschieden, besonders, wer Mitglieder der Steuerungsgruppe sind und welche Aufgabenbereiche diese hat.
Doch selbst, wenn eine solche Steuerungsgruppe nicht durchsetzbar ist, sich beispielsweise eine Arbeitsgruppe des Betriebsrates bildet, geben die im Folgenden genannten Punkte ein gutes Raster dafür ab, woran die „ProzessbegleiterInnen“ denken müssen, wenn sie ans Werk gehen.
Zusammensetzung:
- Wer außer den Vertretern des Betriebsrates soll dazu gehören?
- Wie viele Mitglieder soll die Steuerungsgruppe haben?
- Wie werden gesetzlich vorgeschriebene Arbeitschutz-Akteure wie die Fachkraft für Arbeitssicherheit oder Betriebsarzt/-ärztin eingebunden?
- Sind SBV, Gleichstellungsbeauftrage(r) und Sicherheitsbeauftrage (SGB VII, § 22) dabei?
- Wie ist die Zusammenarbeit von Steuerungsgruppe und Arbeitsschutzausschuss (ASA)?
- Sind gewerkschaftliche Vertrauensleute Mitglied?
- Wie werden die Führungskräfte eingebunden?
Formen und Inhalte der Zusammenarbeit:
- Definition der Arbeitsform: Was sind die genauen Aufgaben, wann und wie häufig bzw. bei welchen Anlässen, kommt die Gruppe zusammen?
- Abstimmungs- und Entscheidungsmodus
- Aufgabenverteilung
Zusammenfinden:
- Rollenklärung
- Erwartungshaltungen
Arbeitsplanung:
- Fahrplan ausmachen
Was die Steuerungsgruppe evtl. noch braucht:
- Informationen
- (gemeinsame) Schulungen o. ä.
Am besten ist all dies schriftlich festhalten!
Sofern die Zusammensetzung der Steuerungsgruppe bei weiteren Durchläufen (neuen Gefährdungsbeurteilungen in der Zukunft) bestehen bleibt, ist es sinnvoll, sich über die bisherige gemeinsame Arbeit auszutauschen und wiederum nachzufragen, ob für den nächsten Prozess-Durchlauf noch Informationen o. ä. fehlen.
Bei einer geänderten Zusammensetzung ist erneut ein Schritt der Teambildung zu vollziehen.
Vorsicht!
- Dass Mitglieder des Betriebsrates in der Steuerungsgruppe sind, darf nicht dazu führen, dass sich der gesamte BR nicht mehr als Ganzes zuständig für den Prozess der Gefährdungsbeurteilung fühlt.
- Grundlegende Absprachen mit dem Arbeitgeber müssen vor Aufnahme der Arbeit des Steuerungskreises erfolgt sein. Mindestens ist der Aktions- bzw. Forderungskatalog des Betriebsrates geklärt (siehe dazu Prozess-Schritte 4 und 6).
- Die Kompetenzen/Befugnisse des Steuerungskreises müssen vor Aufnahme der Arbeit des Steuerungskreises festgelegt sein. Der gesamte Steuerungskreis sollte die getroffenen Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber bezüglich der Arbeit des Steuerungskreises hinterfragen und ggf. verbessern.
Außerdem ist zu klären: Hat der Steuerungskreis ein eigenes Budget? Muss er vor Entscheidungen Rücksprache mit dem Arbeitgeber halten? Diese und andere den Entscheidungs- und Handlungsrahmen des Steuerungskreises betreffende Fragen müssen geklärt sein, damit der Steuerungskreis den Prozess vorantreiben kann und nicht immer wieder in einer "Warteschleife" hängen bleibt. - Durch die Zugehörigkeit der Fachkraft für Arbeitssicherheit und von Betriebsarzt/-ärztin zum Steuerungskreis erhöht sich sehr wahrscheinlich deren Aufwand - erst recht bei erstmaliger Durchführung einer vollständigen Gefährdungsbeurteilung. Damit würde ein auf der Grundlage der DGUV-Vorschrift 2 (unter Mitbestimmung) vereinbarter Betreuungsbedarf wohl überschritten. Deshalb sind vor/bei Bildung des Steuerungskreises entsprechende Vereinbarungen zu treffen, die einen erhöhten Betreuungsbedarf für den Zeitraum der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung/Arbeit der Steuerungsgruppe festlegen.
Ergebnisse:
Die Steuerungsgruppe ist arbeitsfähig, den Prozess der Gefährdungsbeurteilung anzugehen.
Materialien zum Prozess-Schritt (Auswahl)
- DGUV Vorschrift 2: Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit. (2011)
- DGUV Vorschrift 2 - Betriebs- und tarifpolitische Gestaltungsspielräume (2012)
- Die SBV als wichtiger Akteur im betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz
- Na klar! Vertrauensleute sorgen für gute, gesunde Arbeit!
- Hand in Hand für Gute Arbeit: Sicherheitsbeauftragte als Akteure im beteiligungsorientierten Arbeits- und Gesundheitsschutz
Hinweis:
Im Folgenden wird in der Beschreibung des Prozesses davon ausgegangen, dass eine paritätische Steuerungsgruppe gebildet wurde. Die Aufgaben etc. in den einzelnen Prozess-Schritten werden auf dieser Grundlage beschrieben. Eine andere Aufgabenverteilung bei anders zusammengesetzten Akteuren wird entsprechend nicht berücksichtigt.